Die Leica M9 ist eine Messsucher-Kamera mit Wechselobjektiv-Option und erinnert optisch stark an ihre Vorgängerin, die Leica M8. Die meisten Änderungen sind unter der Haube verborgen. Drin stecken ein 18-Megapixel-Vollformat-Sensor und reprogrammierbare (!) Prozessoren, die sich laut der Tests für den Autsch-Preis von 5500,00 € verantwortlich zeichnen. Mit ihrem Schwerpunkt auf manueller Bedienung ist die Leica M9 definitiv nur für diejenigen etwas, die wissen, was sie tun. Draufhalten und abdrücken? Da rümpft der Leica-Fotograf doch nur die Nase! Eine wundervolle Kamera ohne große Schnitzer – aber nur für eine kleine Zielgruppe.
Gehäuse & Bedienung
Das stabile Gehäuse der Leica M9 aus einer Magnesium-Legierung wirkt wie aus einem Guss, schön massiv und stabil. Deckel und Boden sind aus massivem Messing, die Löcher für die Tasten sind eingefräst. Die Kunstlederbeschichtung ist griffig und sorgt für einen guten Halt, obwohl ein Test die Beschichtung für etwas zu gummiartig befand, was aber eher in die Kategorie Meckern-auf-hohem-Niveau gehört.
Das Display der Leica M9 ist für eine Kamera dieser Preisklasse definitiv nicht mehr zeitgemäß. 230.000 Pixel auf 2,5 Zoll – das ist laut jedem Test zu klein! Wahre Foto-Puristen können das auch als Aufforderung verstehen, zurück zu den Wurzeln zu kehren und die Bildqualität erst zu Hause, nach dem "Entwickeln", zu beurteilen. Der Sucher ist ein Messsucher, hat also ein "eigenes Fenster", was bedeutet, dass man nicht durch die Optik guckt. Dadurch verschiebt sich der Ausschnitt, den man sieht, gegenüber dem Ausschnitt, der fotografiert wird, leicht nach oben. Gerade im Nahbereich muss man einen Parallaxenausgleich machen, also darauf achten, dass man nicht am Motiv vorbei fotografiert. Der Sucher passt sich auch nicht an die Brennweite an. Dafür kann man mit einem kleinen Hebel die gerade verwendete Brennweite einstellen, die dann als leuchtender Rahmen im Sucher den Bildausschnitt entsprechend einschränkt.
Das Fach für Akku und Speicherkarte ist so positioniert, dass man sie nur wechseln kann, wenn die Leica M9 nicht auf einem Stativ steht. Erfreulich und irgendwie niedlich: Der Öffnungshebel sieht aus wie der Hebel eines alten Spulmechanismus aus Filmrollenzeiten. Das Verschlussgeräusch – ohnehin dezenter als der Spiegelschlag einer Spiegelreflexkamera – kann durch verschiedene Modi minimiert werden.
Die Bedienung der Leica M9 ist schlicht gehalten: Keine doppelt belegten Tasten, keine verschachtelten Menüs – dadurch ist die Bedienung logisch und schnell, heißt es in den Testberichten. Etwas ungewohnt ist, dass die Set-Taste, für gewöhnlich in der Mitte zwischen den Vier-Wege-Tasten angesiedelt, auf der anderen Seite des Displays liegt, während die Erhebung in der Mitte zwischen den Vier-Wege-Tasten nur ein Hubbel ist.
Die Leica M9 beharrt auf einer klassischen Bedienung; geboten werden ein manueller Modus und eine Zeitautomatik. Dabei wird die Blende am Objektiv eingestellt, die Zeit eruiert die Kamera aus der Messzelle, die über dem Objektivbajonett sitzt. Prinzipiell gibt es auch eine Blenden-“Automatik“, diese beschränkt sich aber darauf, die eingestellte Zeit zu berücksichtigen und beim Drehen des Blendenrings durch den Fotografen "Stop" zu sagen, wenn eine gute Blende erreicht wurde. Dies geschieht über einen eingebauten Belichtungsmesser, der mit einem roten Punkt seinen Vorschlag signalisiert – klassisch!
Ebenso klassisch geschieht das Scharfstellen. Dies kann nur manuell durch eine Schnittbild-Überlagerung geschehen. Für alle, die so etwas noch nie gesehen haben: Dabei müssen zwei transparente Doppelbilder übereinandergelegt werden. Auch das ist kein leichter Einstieg in die Welt der Fotografie. Ebenso werden Fotografen, die mit Drauflosknipskameras angefangen haben, die Leica M9 möglicherweise als etwas kapriziös empfinden.
Optik & Bildqualität
Die Leica M9 kann durch ihr M-Bajonett mit M-Objektiven aller Art bestückt werden. Wie schon erwähnt, ist ein zentrales Charakteristikum dieser Objektive das Fehlen eines Autofokus. Die Infrarotempfindlichkeit der Vorgängerin wurde durch einen eigens entwickelten Filter korrigiert.
Die Bildqualität der Leica M9 wurde in jedem Test als sehr gut beschrieben. Der 18 Megapixel auflösende Vollformat-Sensor von Kodak mit einer Größe von annähernd 36 x 24 mm wurde extra für die Leica M9 entwickelt. Aufgrund des großen Sensors ist ein sehr schönes Spiel mit der Tiefenschärfe möglich. Dank eines neuen Prozessors geht auch die Datenverarbeitung neue Wege.
Das Rauschverhalten der Leica M9 wurde in allen Testberichten gelobt. Die niedrigste Empfindlichkeit liegt nun bei ISO 80 – die Leica M8 fing erst bei ISO 160 an. Zwischen ISO 80 und 800 wurde das Rauschverhalten in den Tests als problemlos bis ausgezeichnet deklariert. ISO 2500 ist zwar nicht mehr perfekt, aber noch zu gebrauchen. Eine Rauschoptimierung gibt es nicht.
Die Auflösung wurde ebenso gut bewertet. Bis ISO 1600 war diese seht gut. Einen Abfall durch die Empfindlichkeit gab es erst ab ISO 2500 zu verzeichnen. Laut Test wurde fast die komplette nominelle Auflösung des Sensors umgesetzt. Muss man nach dieser Lobeshymne überhaupt noch erwähnen, dass die Detailabbildung selbstverständlich ausgezeichnet war? Allerdings erwähnte ein Test die leichte Unschärfe bei JPEG-Bildern. Das ist wohl auf die interne Umrechnung zurückzuführen, da im RAW-Modus davon nichts zu erahnen war. Der RAW-Modus der Leica M9 konnte im Test gar einem Vergleich mit den Bildergebnissen von DSLR-Spitzenmodellen problemlos standhalten!
Die Dynamik wurde in den niedrigen Empfindlichkeiten in den Tests mit Werten von 9 -11,7 Blenden als sehr gut eingestuft. Erst ab ISO 1600 sank der Wert unter 10 ab. Ein Test kritisierte zudem die vergleichsweise geringe Dynamik im RAW-Modus – wahrscheinlich im Vergleich mit DSLRs. Der automatische Weißabgleich war nicht perfekt und produzierte ab und zu zu kühle Bilder. Der manuelle Weißabgleich wiederum brachte laut einem Test "einzigartig gute" Ergebnisse. Die Farbdarstellung der Leica M9 war den Laborergebnissen zufolge etwas übersättigt, also zu stark, was aber im Sichttest nicht negativ auffiel. Im Gegenteil, da konnte die Leica M9 durch klare und brillante Bilder überzeugen. Auch in puncto Verzeichnung oder Vignettierung gab es in keinem Test Beschwerden.
Ausstattung & Geschwindigkeit
Mitgeliefert wird u.a. ein Zigarettenanzünder-Adapter für das Ladegerät. Die im Lieferumfang enthaltene Photoshop Lightroom-Vollversion (Wert ca. 300,00 €) ist schon ein Hingucker – aber selbst das relativiert die unverbindliche Preisempfehlung von 5500,00 € nur geringfügig. Der hohe Preis erklärt sich durch die extravaganten Prozessoren: Diese nennen sich DSP-Prozessoren und sind programmierbar, so dass zukünftige von Leica bereitgestellte Funktionen einfach über ein Upgrade der Software erhältlich sind. Upgrade ist in diesem Zusammenhang vielleicht ein zu kleines Wort, denn die potentielle Erweiterung durch Reprogrammierung der Prozessoren wäre weit mehr als eine kleine Optimierung. Ein sehr interessantes Feature, das bei geschickter Umsetzung durch Leica den hohen Preis wert sein könnte. Es wird allerdings auf gut Glück gekauft, denn bislang hat Leica noch keine konkreten Angaben über zukünftig angebotene Erweiterungen gemacht.
Die Leica M9 bietet Belichtungsreihen mit bis zu 7 Bildern – sehr gut, wenn man manuell fotografiert und sich nicht ganz sicher bezüglich der Einstellungen ist. Ein Histogramm mit Lichterwarnung ist an Bord, ebenso manuelle Modifikationsmöglichkeiten für Schärfe, Kontrast und Sättigung. Auch der Weißabgleich kann manuell über eine Kelvin-Anzeige eingestellt werden. Schade ist das Fehlen eines separaten Selbstauslöser-Anschlusses. Immerhin bietet der Auslöser ein Gewinde für einen Drahtauslöser, ansonsten gibt es noch einen internen Selbstauslöser mit voreingestellten 2 oder 12 Sekunden Verzögerung.
Die Geschwindigkeit der Leica M9 nahm in den Tests eine Sonderrolle ein. Die Bewertung der Auslöseverzögerung fällt weg, da es keinen Autofokus gibt. Nach dem Drücken des Auslösers selbst ist keine Verzögerung spürbar. Aktiviert ist die Messsucher-Kamera in ca. ½ Sekunden. Der Serienbildmodus konnte mit im Test gemessenen 1,6 bis 2 Bildern pro Sekunde nicht überzeugen – allerdings werden hier auch 18 Megapixel verrechnet! Nach ca. 7 Bildern pendelt sich die Serie bei ca. 1 Bild pro Sekunde ein, was auch der normalen Folgegeschwindigkeit der Leica M9 entspricht. Kritisiert wurde die lange Formatierungsdauer der Speicherkarte. Für 8 GB brauchte Die M9 einem Test zufolge ganze 68 Sekunden, die
Nikon D3000 z.B. schafft das in 3 Sekunden.
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