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Ratlos an der Spitze

10/2014 · Früher einsamer Pionier, heute ideenloser Markführer. Die Präsentation von Apples neuen iPads zeigte, dass der ehemalige Technik-Vorreiter im Tablet-Markt ratlos auf die Konkurrenz blickt. Ein Kommentar von Max Bahne.

Es ist eine der stärksten Szenen aus "The Newsroom", vielleicht sogar eine der stärksten Szenen, die jemals in einer Fernsehserie gezeigt wurden: In der Anfangsszene von "The Newsroom" sitzt eine Diskussionsrunde an einem College zusammen und stellt sich den Fragen der Studenten. Will McAvoy, Anchorman beim fiktiven Fernsehsender ACN, wird gefragt, warum Amerika das großartigste Land der Welt sei. Er antwortet darauf mit einer Rede, die den Niedergang Amerikas als Weltmacht beschreibt, und endet mit der Feststellung, Amerika sei eben nicht mehr das großartigste Land der Welt. 
Die Beschreibung McAvoys vom Niedergang der USA als Weltmacht lässt sich fast eins zu eins auf die derzeitige Situation von Apple im Tablet-Markt übertragen. Dort wird es zukünftig schwer für Apple: Der Konzern büßte den hart erarbeiteten Technologie-Vorsprung ein, die Konkurrenz steht dort mittlerweile auf Augenhöhe mit dem Branchenprimus aus Cupertino.

Die neuen iPads liefern nicht allzu viele Neuerungen

Das zeigte die Präsentation der neuen iPad-Generation deutlich. Der Aufhänger für die Vorstellung des neuen iPad Air 2 war die erneute Verschlankung des Geräts. Statt 7,5 Millimeter misst das Tablet nun noch 6,1 Millimeter. Statt 469 Gramm wiegt es nun noch 437 Gramm. 1,4 Millimeter dünner und 32 Gramm weniger sind für Apple also die wichtigsten Neuerungen zum neuen Flaggschiff. Neuerungen, die man mit dem Lineal oder der Wage feststellen müsste, hätte Apple sie nicht zum zentralen Aushängeschild seiner Keynote gemacht - im täglichen Gebrauch dürften geringere Tiefe und Gewicht nicht auffallen. 
Noch schlimmer wird es beim neuen iPad mini 3: Größe, Gewicht, Prozessor, Display, Ausstattung - alles blieb beim alten. Nur durch den Fingerprintsensor und die drei neuen Farben unterscheidet sich das Tablet von seinem Vorgänger.
Damit stehen die neuen iPads symptomatisch für eine neue Ratlosigkeit bei Apple. Zwar wurden alle Nachfolgermodelle des ersten iPads kontinuierlich verbessert, sowohl auf technischer, als auch auf optischer Seite, sie lebten aber vor allem vom technologischen Vorsprung Apples gegenüber der Konkurrenz. Die ersten Tablets von Samsung und Co. konnten sich mit den schnellen, schönen und intuitiv zu bedienenden Tablets von Apple nicht messen. Die Schritte in Siebenmeilenstiefeln, mit denen Apple der Konkurrenz mit dem ersten iPad enteilte, wurden mit der Zeit immer kürzer, mit den letzten iPads war Apple den anderen Herstellern nur noch eine Nasenspitze voraus. Nach der gestrigen Keynote haben Samsung, LG und Co. aber mit Apple aufgeschlossen, wenn sie nicht sogar die Führung übernommen haben.

Die Konkurrenz hat zu Apple aufgeschlossen

Fingerprintsensor, zusätzlicher Grafikprozessor, hochauflösendes Display, edles Design, einfaches Betriebssystem? Diese Ausstattungsmerkmale haben die meisten Oberklasse-Modelle von Samsung, LG oder Google mittlerweile an Bord. Mit dem neuen Android 5.0 wird das Betriebssystem noch etwas besser und übersichtlicher, womit auch das sehr gute iOS-Betriebssystem als Alleinstellungsmerkmal an Bedeutung verliert. Bleibt Apple nur noch das Ökosystem, das mit dem neuen OS X Yosemite und iOS 8.1 noch weiter zusammengeführt wird. Nur in diesem Sektor muss Apple keine Android-Konkurrenz fürchten, aufgrund der vielfältigen Varianten des Android-Betriebssystems wird es auf absehbare Zeit keine Lösung geben, die an die Qualität Apples heranreicht.

Nicht die Schlankheitskur sondern Innovationen sind gefragt

Darauf darf sich das Unternehmen aus Cupertino allerdings nicht ausruhen. Zwar sprechen die Verkaufszahlen momentan noch für Apple, auf langfristige Sicht wird das Unternehmen wegen der Ratlosigkeit in der Tablet-Branche Anteile an die Android-Konkurrenz abgeben müssen. Apple sollte zu der Linie zurückkehren, die Steve Jobs einst vorgab: Die Welt mit Apple-Produkten besser und einfacher zu machen. Das schafft man nicht mit 1,4 Millimetern oder 32 Gramm, sondern mit großen, innovativen Ideen. Dann wird Apple auch wieder der Hardware-Anbieter mit den großartigsten Tablets.

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